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Kanzlei Göddecke Siegburg
Fast jeder kennt die Situation: Ein Vertreter für Staubsauger, Wurzelbürsten, Zeitschriften, etc. oder aber auch ein Vermittler für Kapitalanlagen steht vor der Tür und nimmt anschließend auf Ihrem Sofa Platz, um seine Ware an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Die Juristen nennen so etwas "Haustürgeschäft" bzw. "Haustürsituation".

Wie alles begann:
Schon vor rd. 20 Jahren hat der Gesetzgeber eine EU-Richtlinie umgesetzt, die den Verbraucher vor den Folgen solcher Geschäfte schützen sollte. Das "Haustürwiderrufgesetz" trat am 16.01.1986 in Kraft und ist mittlerweile mit in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingeflossen. Es gab viele Änderungen, aber die Grundzüge blieben erhalten. Einer dieser Grundzüge ist, dass der an der Haustüre erscheinende Vertragspartner den Verbraucher über das gesetzliche Widerrufsrecht belehren muss. Wird keine Belehrung erteilt oder ist die Belehrung fehlerhaft, so läuft die Widerrufsfrist nicht und der Vertrag kann prinzipiell auch noch nach sehr langer Zeit aufgelöst werden.

Anforderungen des Gesetzgebers:
Gesetzgeber und Rechtsprechung stellen an den Inhalt einer Belehrung hohe Anforderungen. Des weiteren ist schon die gesamte Belehrung falsch, wenn bloß eine dieser Anforderungen verletzt ist, sei sie auf den ersten Blick auch noch so unbedeutend. In einer grundlegenden Entscheidung vom 04.07.2002 (I ZR 55/00) hat der Bundesgerichtshof die Erfordernisse wie folgt zusammengefasst:

  1. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben.
  2. Die Zielrichtung des Haustürwiderrufgesetzes erfordert es, dass der rechtsunkundige Verbraucher über die Berechnung der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren ist.
  3. Die Widerrufsbelehrung darf daher keine anderen Erklärungen enthalte, als die, welche gesetzlich vorgeschrieben sind. Ausnahmen sind nur zuzulassen, wenn die zusätzliche Erklärung lediglich den übrigen Inhalt verdeutlicht und keinen eigenen Inhalt aufweist.
Hieran scheitern viele Belehrungen. Da es sich oftmals nur um minimale Abweichungen vom gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt handelt, kann sich ein genauer Blick in die Belehrung lohnen.

Datum des Poststempels als Fristende?
Sehr viele Kapitalanlagegesellschaften oder aber auch andere Unternehmen verwenden hinter der eigentlich richtigen Formulierung "Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs" den Klammerzusatz "Datum des Poststempels". Dies ist irreführend, wie jetzt das Oberlandesgericht Oldenburg (Urteil vom 09.03.2006 - 1 U 134/05; rk.) und das Landgericht München I (Urteil vom 16.02.2006 - 3HK O 17176/05; - Vergleichsschluss vor dem OLG München; näheres hierzu siehe unten) entschieden haben.

Das Oberlandesgericht Oldenburg ist der diesbezüglichen Argumentation der Kanzlei Göddecke vollumfänglich gefolgt und hat ausgeführt:

"Die den Klägern erteilte Widerrufsbelehrung war missverständlich und daher nicht geeignet, die gesetzliche Widerrufsfrist in Gang zu setzen.

Der Klammerzusatz in der Belehrung 'Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufes (Datum des Poststempels)...' war geeignet, auch einen verständigen und durchschnittlich informierten Adressaten zu einem Irrtum über die Voraussetzungen für die rechtzeitige Ausübung des Widerrufes zu veranlassen. Die Widerrufsfrist endet um 24.00 Uhr des Ablauftages. Sie wird im Fall der Versendung eines Schreibens gewahrt mit der rechtzeitigen Absendung, etwa mittels Einwurfs in einen Briefkasten. Das stellt der Klammerzusatz 'Datum des Poststempels' allerdings gerade in Frage. Denn daraus ergab sich der Anschein, dass für die Wirksamkeit eines Widerrufs die rechtzeitige Absendung eines Schreibens (Einwurf in den Briefkasten) nicht ausreichte, sondern das Schreiben auch (und dies notwendigerweise) mit einem Poststempel versehen sein musste, der mindestens das Datum des letzten Tages der Frist trug. ... Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Belehrung jedenfalls im oben dargestellten Sinne missverständlich war. Es war auch ohne Weiteres denkbar, dass der so 'belehrte' Verbraucher aufgrund einer Missdeutung davon absah, eine (noch) vorhandene Widerrufsmöglichkeit zu nutzen, weil er zu Unrecht meinte, er könne sein Widerrufsrecht nicht mehr fristgemäß ausüben, weil ein Poststempel mit dem Datum des Absendetages (nach Schalterschluss oder aufgrund großer räumlicher Entfernung zum nächsten Postamt) nicht mehr erlangbar war."

Dem ist an Klarheit nichts hinzuzufügen.
Auch das Landgericht München I hatte in der gleichen Weise argumentiert und die Beklagte zunächst zur Rückzahlung der Einlage nebst Agio verurteilt. Im nachfolgenden Berufungsverfahren vor dem OLG München (23 U 2474/06) ist der Rechtsstreit dann durch einen Vergleich gütlich beigelegt worden. Die Beklagte hat sich zur sofortigen Zahlung eines Betrages in Höhe von knapp 70 % der eingezahlten Einlage (ohne Agio) verpflichtet und die Klägerin aus sämtlichen weiteren Verpflichtungen entlassen. Obwohl das Urteil des LG München I wegen des Vergleichs letztlich nicht überprüft wurde, hält Kanzlei Göddecke die dortigen Ausführungen für sehr überzeugend. Insbesondere auch, weil diese Auffassung von der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Oldenburg gestützt wird.

Download: Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 9.03.2006 (Az. 1 U 134/05)
Download: Urteil des Landgerichts München I vom 16.02.2006 (3HK O 17176/05)
Download: Urteil des Bundesgerichtshofes vom 04.07.2002 (I ZR 55/00)
Download: Mustertext Widerruf (WORD) | Mustertext Widerruf (PDF)




15. März 2006 (MC)